Aber mal ehrlich:
Menschenrecht
Dass wir Wasser in Trinkwasserqualität zu jeder Tages- und Jahreszeit ganz ohne Aufwand direkt aus der Leitung bekommen, ist sehr praktisch. Trotzdem: So selbstverständlich ist das gar nicht. Selbst heute ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser, seit der Vollversammlung der Vereinten Nationen 2010 immerhin als Menschenrecht festgehalten, keine Selbstverständlichkeit.
Wasserversorgung früher: ein echter Knochenjob
Auch bei uns ist es gar nicht so lange her, dass die Beschaffung von Wasser ein echter Knochenjob war.
Wie wir dahingekommen sind,
wo wir jetzt sind,
wollen wir Euch im Folgenden kurz erläutern
1526 bis 1824 – Eine kleine Revolution
Wie viel Wasser den Menschen früher zur Verfügung stand, dafür waren sie selbst verantwortlich: Es musste mühsam mit Eimern aus den Flüssen, Bächen, Seen, Brunnen und Quellen geschöpft werden.
Zwar wussten schon die Römer über ausgeklügelte Kanalsysteme ihr Grundwasser zu leiten und mit Schöpfbrunnen nach oben zu holen – solche Systeme gab es zum aktuellen Forschungsstand allerdings nicht in Pforzheim. Allein auf Höhe des Städtischen Klinikums wurden elf Brunnen mit einer Tiefe von etwa 6 Metern gefunden, die auf die römische Zeit zurückdatiert werden konnten.
Früher mussten die Pforzheimer:innen und Pforzheimer ihr Wasser also aus Zieh- und Schöpfbrunnen holen. Nur sehr wohlhabende Bürger hatten ihre eigenen Brunnen – alle anderen mussten sich die zentralen Orte teilen.
Anfang des 16. Jahrhunderts gelang jedoch eine kleine Sensation:
Über eine hölzerne Wasserleitung gelangte das weiche Wasser der Glasbrunnenquelle direkt in die Brötzinger Vorstadt. Erste Hinweise für die Würmtal-Leitung finden sich auf die Brunnenordnung vom 13. September 1526 – also von vor rund 500 Jahren!
Diese Leitung hatte etwa 300 Jahre Bestand und wurde später, im Jahr 1778, durch eine zweite Wasserleitung, mit der oberhalb von Brötzingen das Wasser aus der Enz entnommen und verteilt wurde, ergänzt. Erst im Jahr 1824 wurde die ursprüngliche Würmtal-Leitung zerstört und nicht wieder aufgebaut.
17. und 18. Jahrhundert: Geprägt von Zwischenlösungen
Nachdem Marktgraf Karl II. nach Durlach gezogen war, zog die Finanzbehörde samt Küferei in das marktgräfliche Schloss zu Pforzheim. Um den steigenden Wasserbedarf des Schlosses zu decken, wurde eine Teichelleitung vom Stockbrunnen in das Schloss verlegt, allerdings in Folge des pfälzischen Erbfolgekrieges zerstört: 1716 wurden immerhin vier Ochsen angeschafft, die beim Wassertransport Abhilfe schafften.
Nachdem auch die 1777 erbaute herrschaftliche Enzwasserleitung nicht die gewünschte Wasserversorgungssicherheit brachte, musste sich ein großer Teil der Bevölkerung abermals mit dem Wasser aus dem Mühlbach versorgen – was zu Problemen der Hygiene führte.
19. und frühes 20. Jahrhundert – Not macht erfinderisch
Mitte des 19. Jahrhunderts war es der Karlsruher Ingenieurspraktikant Gerstner, der eine neue Idee hatte: Die natürliche Filterfunktion der Bodenschichten nutzen. So entstand eine Sandfilteranlage längs des Enzufers. Durch die Trockenmauer und Sandschichten drückte sich Enzwasser und wurde im Anschluss gesammelt und an die Brunnen verteilt. Nach einem rasanten Bevölkerungszuwachs – die Pforzheimer verdoppelten sich zwischen 1852 und 1864 von 9.200 auf 18.000 Einwohner – war allerdings die Versorgungskapazität ausgereizt. Zudem filterte die neue Anlage zwar Trübstoffe, die allgemeine Wasserqualität ließ aber auch weiterhin zu wünschen übrig.
Es folgen viele Erkundungstouren und Verhandlungsrunden, bis man schließlich die Grösseltalleitung nach Plänen des Oberbaurates Carl von Ehmann ausführte – seit etwa 1875 fließt nun schon das besonders weiche Grösseltalwasser nach Pforzheim. Als Begründer der Albwasserversorgung wurde Carl von Ehmann später auch als Ehrenbürger der Stadt Pforzheim gewürdigt.
Um für einen gleichmäßigen Druck zu sorgen, wurde im Anschluss der erste Hochbehälter auf der Rodplatte gebaut. Dieser fasste rund 2 Millionen Liter Quellwasser, das nun durch Sandstein, Zement und hart gebrannten Backsteinen das Wasser vor Temperatureinflüssen schützte und es ins städtische Verteilnetz einspeiste.
Marktplatz um 1850
Würm um 1894
Die erste zentrale Wasserversorgung in Pforzheim
Bereits Ende des Jahres 1875 waren über 1.000 Haushalte an das zentral über den Hochbehälter Rod gesteuerte Wasserverteilnetz angeschlossen. Über 17.300 Menschen wurden damit schon mit frischem, sauberem Wasser aus dem Hahn versorgt. Für mögliche Brandfälle wurden zudem etwa 330 Schachthydraten installiert. Im ersten Jahr wurden bereits 473.040 m³ Wasser verteilt, also etwa 54 Liter pro Person im Jahr.
Doch die Versorgung reichte nicht lange: Bis zur Jahrhundertwende zählte Pforzheim 33.400 Einwohner, der Bedarf an Wasser stieg zunehmend und wurde nur behelfsmäßig durch ein Hilfspumpwerk in der Holzgartenstraße gedeckt. Deshalb wurden immer weitere Brunnen im Grösseltal und etwa 46 Hektar Land gekauft und aufgeforstet. Infolge einer Typhuswelle im Jahr 1919 wurde auch das Thema Hygiene immer sensibler behandelt und die Versorgungssicherheit breiter aufgestellt.
1900 – das Wasserwerk Friedrichsberg wird fertig
So wurden drei weitere Gebiete zur Trinkwassergewinnung ausgemacht: Das Grundwasser im oberen Enztal, Grund- und Quellwasser aus dem Würmtal und Grundwasser aus dem unteren Enztal. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten blieb allerdings nur das Grundwasser aus den unteren Enzauen, das noch heute ein wichtiger Pfeiler der Wasserversorgung ist. Für neue Bohrungen und die Projektierung des Baus des Wasserwerks Friedrichsberg machte die Stadt einen Betrag von 40.000 DM locker! Damals war das ziemlich viel. Im weiteren Verlauf wurde auch der Kostenvoranschlag von etwa 675.000 DM genehmigt und das Wasserwerk gebaut.
Über Heberleitungen wurde das Grundwasser nun aufs Wasserwerksgelände gehoben, von wo es mit einer Vakuumpumpe angesaugt und danach ohne weitere Pumpkraft in den Sammelschacht geleitet wurde. Das Prinzip ist im Grunde dasselbe, mit dem man auch Aquarien oder Benzintanks leeren kann: Einen Schlauch leicht ansaugen und das Wasser läuft!
Von hier wurde das Wasser nun mittels dampfbetriebener Pumpen in die Hochbehälter gepumpt – dazu wurde ein Hochdruck- und Niederdrucksystem eingerichtet. Durch den Neubau der Hochbehälter Hegenach, Wolfsberg und Rod konnten höher gelegene Stadtteile im selben Maß wie die tieferliegende Innenstadt versorgt werden.
Unser Trinkwasser ++ Wasser ist Leben ++
20. Jahrhundert – neue Technologien und Bodenseewasser
Da es im Jahre 1955 zu einer starken Wasserknappheit kam, musste die Wasserentnahme begrenzt werden. Dies war der Anlass, nach weiteren Bezugsquellen Ausschau zu halten, weshalb Pforzheim seit Oktober 1964 an der Bodenseewasserversorgung angeschlossen ist.
Um den neuen Maßstäben und Gesetzen gerecht zu werden, installierten die SWP gemeinsam mit der DVGW-Forschungsstelle eine neue Verfahrenstechnik zur Wasseraufbereitung: Mit einer Verfahrenskombination aus Ozon- und Aktivkohle-Technologie wurde eine innovative Wasseraufbereitungsanlage gebaut, die besonders organische Verbindungen wie FCKWs oder Mineralölderivate filtern konnte. Die adsorbierende Fläche von Aktivkohle ist dabei die entscheidende Größe: In einem Gramm Aktivkohle befindet sich etwa die innere Oberfläche eines Fußballfeldes an Adsorptionsfläche. Zeitgleich wurde die Messtechnik durch eine kontinuierliche Gaschromatographen erweitert, um eine möglichst hohe Sicherheit und Reinheit herzustellen.
Auch im Jahr 2001 wurden die Wasseraufbereitung erneuert und modernisiert, um den aktuellen Auflagen gerecht zu werden und die wachsende Stadt zu versorgen. Zeitgleich konnte das bisher sehr harte Wasser aus den Enzauen (20 °dH) durch die Mischung mit dem deutlich weicheren Bodenseewasser auf 13 °dH reduziert werden.
Seit 2019 – höchste Qualität durch Ultrafiltration und Umkehrosmose
Mit der Einweihung der neuen Aufbereitungsanlage gehen die SWP neue Wege. Nur fünf Mal in Deutschland gibt es vergleichbare Anlagen. In Pforzheim wurde sie im Vorlauf des geplanten Ausbaus der A8 geplant, durch den Trübungen des Wassers aus den Enzauenbrunnen befürchtet wurde. Nach Inbetriebnahme der neuen Anlage konnte die Wasserqualität für Pforzheim noch weiter verbessert und die Wasserhärte weiter gesenkt und vereinheitlicht werden. Wie das mit der Ultrafiltration und der Umkehrosmose funktioniert, haben wir euch hier erklärt.
Klimawandel und Umwelteinflüsse – Eine Strategie für die Zukunft
Zwar sind wir mit der neuen Wasseraufbereitungsanlage bestens für die Zukunft gewappnet, aber in Folge des Klimawandels machen sich verschiedene negative Auswirkungen bemerkbar, die auch wir in der Wasserversorgung spüren. An den Wäldern lässt es sich im Sommer schon gut erkennen: Es wird trockener. Das hat direkte Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel und damit auf die Mengen an regionalem Wasser, die wir beziehen können. Deshalb haben wir uns darangesetzt, eine wasserwirtschaftliche Strategie auszuarbeiten, mit der wir die Herausforderungen der Zukunft meistern und das Wassermanagement nachhaltig gestalten können. Gleichzeitig setzen wir uns aktiv für den Grundwasserschutz ein uns sorgen mit Entsiegelungen von Flächen dafür, dass sich der Grundwasserspiegel wieder normalisieren kann. Mit unserer wasserwirtschaftlichen Strategie denken wir ökonomische, ökologische und soziale Aspekte der Wasserversorgung mit – denn Wasser geht uns alle an!