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Elektromobilität
Durch Europa stromern mit dem Stromer ++
WIE GUT GEHT DAS? Hat Jan Böhmermann Recht? Reisen mit dem E-Auto sei anstrengend, sagt der bekannte Satiriker, aber man fühle sich gut dabei – es sei eben wie Reisen im Mittelalter, man müsse immer wieder Pausen einplanen, um das Pferd zu füttern. Wie praxistauglich sind e-mobile Urlaubsreisen durch Europa inzwischen wirklich? Wir haben Bertil Kilian gefragt, der es in diesem Jahr gleich zweimal ausprobiert hat.

Ein bisschen mehr Auto im Kopf

Bertil Kilian ist passionierter E-Autofahrer im Alltag

Für die Urlaubsfahrten der Familie mit zwei kleinen Kindern hat er den Stromer jedoch erstmals in diesem Jahr genutzt. Dafür aber gleich zwei Mal: Eine Pfingstreise nach Spanien gewissermaßen als Generalprobe, im Sommer ging es dann auf die lange Strecke von Stuttgart nach Eslöv in der schwedischen Provinz Schonen. Die SWP Aktiv Redaktion sprach mit ihm über seine Erfahrungen.

Herr Kilian, wie fühlt sich das e-mobile Reisen für Sie an?  

„Es fühlt sich sehr gut an. Schon weil mir das Fahren mit dem E-Auto einfach großen Spaß macht. Natürlich muss man ein bisschen mehr mitdenken und vorausplanen, beim Verbrenner muss man weniger Auto im Kopf haben. Aber für mich wird das mehr als aufgewogen dadurch, dass man Urlaubsreisen so nachhaltiger machen kann.“

Das ginge ja auch ohne Auto, zum Beispiel mit Bus & Bahn?

„Mit zwei kleinen Kindern und dem entsprechenden Gepäck ist das aber schon eine Herausforderung. Wir sind im Urlaub sehr aktiv und möchten flexibel und mobil sein, gerade auf dem Land in Schweden, wo wir regelmäßig zu Familienbesuchen sind. Da braucht man ein Auto.“ 

Wie war denn Ihre lange Fahrt nach Schweden, lief alles reibungslos?

„Es lief alles sehr entspannt. Auf der Hinfahrt haben wir in Hamburg übernachtet. Auf der Rückfahrt bin ich die gut 1.300 Kilometer am Stück durchgefahren, das waren von Tür zu Tür knappe 14 Stunden, die vier Tankpausen an der Schnellladestation schon mit eingerechnet. Obwohl wir zur Hauptreisezeit unterwegs waren, gab es nur ein einziges Mal einen Engpass an einer vollbelegten Station an der Autobahn, aber da wir noch genügend Akkureserve hatten, konnten wir zur nächsten Möglichkeit weiterfahren.“

Ein Zwischenstopp alle 300 bis 400 Kilometer bzw. alle drei bis vier Stunden – nervt das nicht?

„Ganz im Gegenteil, ich mache das sogar gerne. Schon weil man dann die Kinder kurz mal austoben lassen kann. Auch mir und meiner Frau tut das Ausspannen gut. Für uns ist das ideal, es gibt aber sicher auch Leute, die das anders sehen.“

Wie war die Ladesituation dann vor Ort in Ihrem Urlaubsgebiet.  ?

„Schweden hat an sich eine sehr gute Ladeinfrastruktur, aber natürlich gibt es auch da auf dem Land nicht in jedem Dorf eine Ladestation, unsere Ferienhütte hatte auch keine Wallbox. Wir haben eben Einkaufsfahrten zum Aufladen genutzt. Außerdem gibt es ja noch die ganz normale Haussteckdose, damit geht‘s immer. Im Notfall kann man über Nacht, wenn das Auto ohnehin steht, genügend aufladen, dass es auf jeden Fall bis zur nächsten Ladesäule reicht.“

Und wie sieht es mit den Kosten aus?

„Für die reine Hin- und Rückfahrt, also etwa 2.600 Kilometer insgesamt, lagen die Stromtankkosten bei 104,78 Euro. Zugegeben, mit einem damals sehr günstigen Tarif des Autoherstellers und vollem Akku beim Losfahren. Damit käme man mit Benzin oder Dieselkraftstoff heute nicht mehr sehr weit. Ein bisschen lästig ist nur das Bezahlsystem, das ist an der normalen Tankstelle viel einfacher.“

Beim Bezahlen besteht also noch Optimierungsbedarf?

„Die Bezahlsituation ist noch sehr unübersichtlich und kompliziert in Europa. In jedem Land gibt es andere Anbieter, andere Ladekarten und Bezahlsysteme. Über die deutsche Karte im Ausland zu bezahlen, kann teuer werden. Ich habe sechs oder sieben unterschiedliche Karten und Apps. Aber es wird dazu kommen, dass es künftig, ähnlich wie beim Mobilfunk, europäische Roaming-Abkommen geben wird und das Bezahlen bald einfacher und transparenter wird.“

Würden Sie anderen das E-Reisen empfehlen?

„Ja, unbedingt. Man muss sich nur klar darüber sein, dass man nicht einfach ins Blaue losdüsen kann wie mit einem Benziner oder Diesel. Beim E-Auto muss man immer ein Stück vorausdenken, schon bei der Hotelsuche und Routenplanung und auch bei den Aktivitäten am Ferienort. Aber intelligente Smartphone-Apps und Online-Tools machen das ziemlich einfach. Man muss heute kein Nerd mehr sein, um auch auf langen Strecken e-mobil gut unterwegs zu sein.“  

Trüffelschwein für Innovationen

So bezeichnet Bertil Kilian, 41, sich selbst in seiner Funktion als Innovationsmanager bei den Stadtwerken Pforzheim. Seine Stelle hier wurde vor einem Jahr neu geschaffen, seither ist er neuen Impulsen, Themen und Fragestellungen auf der Spur, um gemeinsam mit den Kolleg:innen bei den SWP tragfähige Lösungen für die Zukunft der Energieversorgung zu entwickeln. Smarte Technologien, Digitalisierung und das Internet der Dinge beschäftigen ihn dabei ebenso intensiv wie Klimafragen, Stadtentwicklung und die Bedürfnisse der SWP-Kundinnen und -Kunden. Den studierten Politikwissenschaftler reizt dabei besonders die Möglichkeit, durch fachbereichs­übergreifende, vernetzte Zusammenarbeit neue Ziele entdecken und neue Wege gehen zu können.

Eine stressfreie Reise

Die fünf wichtigsten Tipps für Urlaubsfahrten mit dem E-Auto

In Deutschland wird das Netz an Schnellladestationen zügig ausgebaut. In Österreich, Frankreich und der Schweiz ist die Infrastruktur vergleichbar, in den Niederlanden und in Skandinavien gibt es deutlich mehr Ladepunkte. In den südlichen Urlaubsländern sind teilweise zurzeit noch wenige Schnellladestationen zu finden. Wenn Sie ein paar Tipps beachten, kommen Sie jedoch in ganz Europa auch e-mobil sicher an jedes Ziel. 

1. Vorausschauend informieren 

Vor der Abfahrt sollten Sie sich möglichst genau über die Lademöglichkeiten entlang Ihrer Reiseroute informieren. Die Website www.lemnet.org bietet eine umfassende europaweite Ladestellenübersicht sowie einen Routenplaner, den Sie auf Ihr Navi laden können. Aufgrund Ihrer Daten zum Fahrzeugmodell, zur Akkukapazität, Steckertyp usw. berechnet das Tool die Ladeintervalle. Gestartet wird dabei mit einer vollgeladenen Batterie.

2. Stromtankpausen einplanen

Zwischenstopps sollten alle 300 bis 400 Kilometer eingeplant werden, je nach Reichweite Ihres Akkus. Rechnen Sie dabei die Jahreszeit mit ein: Bei milden Außentemperaturen ist die Reichweite deutlich höher, als wenn elektrische Verbraucher wie Klimaanlage oder Sitzheizung eingeschaltet sind. Eine moderate Fahrweise zahlt sich ebenfalls aus, zumal in den meisten Ländern ohnehin Tempolimits gelten. Auch die Rekuperation, also die Rückgewinnung von Akkuladung, profitiert davon.

Öfters mal Pause zu machen, wird bei Urlaubsfahrten auf Langstrecken ohnehin empfohlen. Bei Schnellladestationen reichen die Pausen, um frische Luft zu schnappen, sich die Beine zu vertreten, mit den Kindern zu spielen oder etwas zu essen. Längere Ladezeiten kann man auch für die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten vor Ort nutzen oder Sie planen eine Übernachtung ein. Das tut auch Ihrer Batterie gut, denn so kann der Akku langsam und schonend aufladen.

3. Bezahlsysteme vorab checken  

In Europa gibt es noch kein einheitliches Zugangs- und Bezahlsystem für E-Ladestationen. Einfach mit EC- oder Kreditkarte zu bezahlen, ist leider nicht überall möglich. Informieren Sie sich vor der Reise über die Bezahlmöglichkeiten im Urlaubsland und die Auslandsoptionen Ihres Providers. Gegebenenfalls sollten Sie mehrere Ladekarten und Apps dabei haben.

4. Reichweite nie ganz ausreizen

Gerade in Hauptreisezeiten kann es schon mal passieren, dass alle Ladestationen am geplanten Stopp belegt sind und Sie nicht warten wollen. Möglich ist auch, dass eine Ladesäule nicht funktioniert oder Sie keine passende Ladekarte bzw. App dafür haben. Deshalb ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass Sie immer ca. 40 km Reichweite in Reserve haben, um gegebenenfalls auf die nächste Ladestation auszuweichen.

5. Hände weg im Pannenfall

Sollten Sie trotz bester Planung einmal mit leerem Akku liegen bleiben, aber auch bei einem Reifenschaden oder sonstigen Pannen sollten Sie auf keinen Fall selbst auf Ursachenforschung gehen. E-Autos dürfen auch nicht abgeschleppt werden, Sie können Ihr Fahrzeug höchstens ein paar Meter weit beiseiteschieben. Der ADAC oder Pannendienste vor Ort helfen Ihnen fachgerecht weiter. Auch Hersteller von Elektroautos bieten oft einen Mobilitätsservice für ihre eigene Marke an.

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